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IVS-Kritik zum Ausbauplan von Spezialstationen in Geriatriezentren


Pflegebett in einem Heim

Rückschlag für Menschen mit Behinderung: IVS Wien spricht sich entschieden gegen Spezialstationen in Geriatriezentren aus

Obwohl es in Wien ein hochprofessionelles
gemeinwesenintegriertes Betreuungsangebot für Menschen mit
Behinderung gibt, leben über 350 Menschen mit Behinderung, die jünger
als 60 Jahre sind, fehluntergebracht in Geriatriezentren der Stadt
Wien. Anstatt diesen untragbaren Zustand zu beenden, plant der Wiener
Krankenanstaltenverbund, KAV, nun die Einrichtung von
Spezialstationen in Pflegekrankenhäusern für genau diese
Personengruppe. Die IVS Wien lehnt diese Entwicklung entschieden ab,
da sie die Lebenssituation der betroffenen Menschen verschlechtert
und menschenrechtswidrige Zustände auf Jahre hinaus einzementiert.

Seit dem Jahresbericht der Volksanwaltschaft 2012 ist es kein
Geheimnis mehr, dass in den geriatrischen Einrichtungen des KAV
Menschen leben, die einerseits aufgrund ihres Alters sowie ihrer
spezifischen Bedürfnisse ganz offensichtlich "fehlplatziert" sind.
Viele von ihnen sind weit unter 60 und leiden an unterschiedlichsten
Behinderungen - von Lernbehinderungen, intellektueller oder
psychischer Behinderungen bis zu Behinderung als Folge degenerativer
Erkrankungen oder Unfällen. Aktuell leben rund 230 in
Geriatriezentren des KAV, weitere 130 sind im KAV-eigenen
Förderpflegeheim Ybbs untergebracht. Dies wird seit Jahren
kritisiert, zuletzt auch von der Volksanwaltschaft, die diese
Zustände im Rahmen des OPCAT Abkommens als menschenrechtswidrig
qualifiziert hat.

Österreich hat sich zur Einhaltung der UN Konvention über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen verpflichtet. Doch anstatt die
Ratifizierung zum Anlass zu nehmen, ein Maßnahmenpaket zu schnüren
und adäquate gemeinwesenintegrierte Betreuungsplätze für diese
Personengruppe zu schaffen, plant der KAV nun ein Pilotprojekt, im
Rahmen dessen für zunächst 50 Personen zwei Spezialstationen in zwei
Geriatriezentren in Wien errichtet werden sollen. Offensichtlich soll
im institutionellen Rahmen eines geriatrischen Krankenhauses
"normales Leben" für junge Menschen mit unterschiedlichsten
Bedürfnissen simuliert werden. Für die Expert/innen der IVS Wien
stellt dies ein hochgradig antiquiertes Betreuungsmodell dar, das an
Konzepte der 60er Jahren des letzten Jahrhunderts erinnert.

Schon seit über 50 Jahren sind Normalisierung, Integration und
Inklusion die weltweit anerkannten Leitlinien moderner,
professioneller Behindertenarbeit. Diese Grundsätze haben in den
letzten 30 Jahren auch in Wien in hohem Maße positiv gewirkt: Die
Stadt Wien ist nicht zu Unrecht stolz auf die Leistungen der Wiener
Behindertenhilfe. An die 30 Trägerorganisationen haben in Wien
gemeinsam mit dem Kostenträger Fonds Soziales Wien ein vielfältiges
und an den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen orientiertes
Betreuungs- und Unterstützungsangebot entwickelt. 45% der betroffenen
Menschen mit intellektueller Behinderung leben mittlerweile
selbstbestimmt in eigenen Wohnungen mit stundenweiser Betreuung. Auch
zukunftsweisende Unterstützungsformen, wie Persönliche Assistenz,
wurden in den letzten Jahren ausgebaut. Menschen mit intellektueller
Behinderung und sehr hohem Pflegebedarf können mittlerweile ebenfalls
in kleinen integrierten Wohneinheiten betreut werden. Aus fachlicher
Sicht wäre es kein Problem, dieses vielfältige Angebot quantitativ
und qualitativ so zu erweitern, dass auch junge Menschen mit
Behinderung, die zurzeit in Altenheimen leben, eine integrative
Betreuung und Unterstützung erhalten. Dies wäre außerdem
kostengünstiger, denn die Betreuung im Rahmen gemeinwesenintegrierter
Einrichtungen der Behindertenhilfe ist nicht nur adäquater und
qualitativ höherwertiger, sondern sie ist auch effizienter.
Gemeinwesenintegrierte Betreuung kommt der Stadt Wien und dem
Steuerzahler billiger als eine "fehlplazierte" Unterbringung in
geriatrischen Großinstitutionen.

Die IVS Wien fordert deshalb, dass ausreichend inklusive
Betreuungsplätze für junge Menschen außerhalb geriatrischer
Pflegekrankenhäuser geschaffen werden. Ein antiquiertes
Betreuungskonzept im Rahmen der Altenpflege, wie vom KAV geplant,
würde sämtliche positiven Entwicklungen in Wien konterkarieren und
wäre - wie schon die Volksanwaltschaft im Zeichen der UN Konvention
festgestellt hat - auch menschenrechtswidrig.

www.ivs-wien.at

IVS Wien - Daten und Fakten

Die im Mai 2011 gegründete "Interessensvertretung sozialer
Dienstleistungsunternehmen für Menschen mit Behinderung", IVS Wien,
gestaltet und entwickelt verbesserte Rahmenbedingungen für die
Betreuung von Menschen mit Behinderung. Die IVS formiert sich aus 17
Wiener Sozialeinrichtungen, die Unterstützungsleistungen für Menschen
mit Behinderung anbieten. Ziel ist es, aktiv die zukünftige
Entwicklung der politischen und gesetzlichen Parameter in Österreich
mitzubestimmen und die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit
Behinderung umzusetzen. Die IVS leistet einen wichtigen Beitrag,
damit Betroffene als BürgerInnen an der Gesellschaft teilhaben können
und schafft somit mehr Lebensqualität. Der Verein zeichnet sich durch
gebündeltes Fachwissen, hohen Qualitätsanspruch, politische
Unabhängigkeit und Offenheit aus.

Die 17 Mitgliederorganisationen der IVS Wien sind: Assist GmbH,
Auftakt GmbH, BALANCE, Bandgesellschaft, Caritas Wien, Evangelisches
Diakoniewerk, GIN, HABIT GmbH, Humanisierte Arbeitsstätte, ITA GmbH,
KoMIT GmbH, Lebenshilfe Wien, LOK, ÖHTB, ÖVSE - SHT, Rainmans Home
und die Sozialtherapeutische Lebens- und Arbeitsgemeinschaft.

 

M.S.K.

Ein Projekt der BALANCE Leben ohne Barrieren GmbH

Mittendrin.Sein.Können.

MUV

Ein Projekt des Vereins BALANCE