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Seit Beginn der COVID-19-Pandemie ist viel von der Wertschätzung für die sogenannten Systemerhalter:innen die Rede, die – mehr oder weniger unbemerkt von der Öffentlichkeit – für das reibungslose Funktionieren unserer Gesellschaft sorgen. Wie es in der Praxis um diese Wertschätzung steht, zeigt einmal mehr der schon im Juni dieses Jahres im Pflegefondsgesetz geregelte Coronabonus für das Jahr 2021. Nicht nur dass sich das Sozialministerium bis November Zeit gelassen hat, die konkreten Umsetzungsbestimmungen für den Bonus zu erlassen, zeigt sich nun auch, dass viele dieser „Systemerhalter:innen“ heuer keinen Anspruch auf diesen haben werden. Und das, obwohl der Bonus angesichts der großen zusätzlichen Arbeitsbelastungen durch die Pandemie mit € 500,00 ohnehin sehr gering ausfällt.
Das betrifft auch viele Mitarbeiter:innen der Behindertenhilfe, die seit nunmehr fast zwei Jahren dafür sorgen, dass Menschen mit den unterschiedlichsten Formen von Behinderungen und gesundheitlichen Einschränkungen auch unter den sehr schwierigen Bedingungen der Pandemie bedarfsgerecht betreut, begleitet und unterstützt werden. Viele Menschen mit Behinderungen zählen zu den besonders vulnerablen Personengruppen und ihre Betreuung muss zu ihrer Sicherheit unter besonderen Vorsichts- und Schutzmaßnahmen durchgeführt werden. Das verlangt den Betreuer:innen große Anstrengungen im Hinblick auf Schutzbekleidung, Betreuung in Phasen des Lockdowns, Überstunden (aufgrund von Absonderungen von Kolleg:innen) und natürlich erhöhter Infektionsgefahr ab.
Nach 20 Monaten Pandemie sind die Mitarbeiter:innen der Organisationen der Behindertenhilfe am Ende ihrer Kräfte angelangt. Dass viele von ihnen nun auch keinen Corona-Bonus erhalten sollen ist ein Schlag ins Gesicht. Wenn man sich vergegenwärtigt, wofür in dieser Pandemie Geld freigemacht wird, ist diese Vorgangsweise völlig unverständlich.
Die IVS Wien appelliert deshalb dringend an die Stadt Wien, mit einer zumindest gleich hohen Bonuszahlung dort einzuspringen, wo dies aufgrund der unklaren Bestimmungen im Pflegefondsgesetz für die Organisationen der Wiener Behindertenhilfe nicht möglich ist.
In die gleich Kerbe schlägt auch die Gewerkschaft GPA Wien. Sie fordert den Corona-Bonus auch für Behindertenbetreuer:innen und sieht eine eklatante Ungleichbehandlung einer besonders belasteten Gruppe. "Es ist nicht nachvollziehbar, dass Beschäftigte, die sich um Behinderte kümmern, keinen Corona-Bonus erhalten. Sie betreuen besonders vulnerable Gruppen und sind einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt. Es ist auch nicht sinnvoll und möglich, innerhalb dieser Gruppe zu differenzieren. Alle sind gleich belastet und viele sind aufgrund der hohen Belastungen der letzten Monate am Ende ihrer Kräfte angelangt“, so der Geschäftsführer der GPA Wien, Mario Ferrari.
„Man hätte sich viele Irritationen ersparen können, wenn man die Einwände der Gewerkschaft bei der Gesetzgebung ernst genommen hätte und den Kreis der BezieherInnen des Corona-Bonus weiter gefasst hätte“, so Ferrari.
Vergangene Woche hat die Interessensvertretung sozialer Dienstleistungsunternehmen von Menschen mit Behinderungen auf diese eklatante Ungleichbehandlung aufmerksam gemacht. Beschäftigte und Betriebsräte verstehen diese Ungerechtigkeit nicht und die GPA ist mit unzähligen Anfragen konfrontiert.
„Die Arbeitgeber wären bereit, eine Bonuszahlung zu leisten, brauchen aber dazu die Unterstützung der öffentlichen Hand für eine sinnvolle Vorgangsweise. Noch im Dezember sollte der Bonus ausgezahlt werden. Wir appellieren an die Politik, eine Auszahlung an alle Betroffenen rasch und unbürokratisch zu ermöglichen“, so Ferrari (ots, red)